Von Heinrich von Kleist
Der Fall ist unerhört. Dorfrichter Adam muss über eine Tat zu Gericht sitzen, die er selbst begangen hat. Vorerst weiß niemand davon außer ihm selbst und der jungen Eve, in deren Zimmer er letzte Nacht ungebeten eingedrungen ist. Dass sie schweigen wird, dafür hat er gesorgt. Aber leider ist bei Adams Flucht vor Eves unerwartet aufgetauchtem Verlobten Ruprecht ein Krug zu Bruch gegangen. Und nun steht Eves resolute Mutter Marthe Rull vor Richter Adams Türe, um Ruprecht zu verklagen, den sie fälschlicherweise für den Zerstörer des Erbstücks hält. Zu allem Überfluss lässt kurz darauf Gerichtsrat Walter aus Utrecht melden, er werde dem heutigen Gerichtstag beiwohnen, um die hiesige Rechtsprechung zu überprüfen. Verständlicherweise ist Richter Adam wenig bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen. Ziemlich derangiert und mit einer Platzwunde am Kopf, die von seinen nächtlichen Abenteuern herrührt, versucht er durch allerlei unlautere Verhörmethoden den Verdacht auf andere zu lenken. Immer fantastischer werden seine Ausflüchte, immer unausweichlicher verwickelt er sich in Widersprüche.
Mitleiderregend, bösartig und hochkomisch ist dieser sympathische Teufel auf der Flucht vor sich selbst. Und eine große Kunst ist es, wie Heinrich von Kleist in seinem berühmtesten Drama den Verlust des Vertrauens in eine gerechte Ordnung der Welt am Beispiel eines Krugs entwickelt, der vom schuldig gewordenen Richter zerbrochen wurde.