Es ist Anfang der 1970er-Jahre: Nour verlässt Istanbul, um in Deutschland Geld zu verdienen. Sie fällt auf mit ihrem Minirock; die Dorfbewohnerinnen in der Oberpfalz tragen meist lange Röcke, manche auch Kopftuch. Im beengten Wohnheim zwischen Frauen aus Spanien, Italien, Griechenland, Jugoslawien, Marokko, Tunesien und der Türkei geht es lebhaft zu. In der Porzellanfabrik bestimmen Stechuhr, harte körperliche Arbeit und der prüfende Blick des Vorarbeiters ihr Dasein. Auf dem Friedhof findet Nour Ruhe und einen Lieblingsplatz: am Grab einer jungen Frau aus den 1920ern, die für die Rechte der Arbeiterinnen kämpfte. Auch Nours Gerechtigkeitssinn ist stark. Auf der Wiese hinter dem Wohnheim schreibt sie mit ihren Freundinnen und Arbeitskolleginnen ihre Forderungen auf Ostereier und Bettlaken: Sprache! Bildung! Lohn!
Gün Tanks »Roman unserer Mütter« füllt eine Leerstelle in der männlich geprägten Geschichte der sogenannten »Gastarbeiter*innen«.