Nathan der Weise

Lessings Nathan: Das ist Aufklärung inklusive Toleranz zwischen den drei monotheistischen Religionen Islam, Judentum und Christentum – oder?

Kreuz und quer durch Jerusalem verlaufen die Glaubensgräben. Tempelherr Kurt hadert als aufrechter Kreuzzügler damit, dass er Recha, die Ziehtochter Nathans, aus dem brennenden Haus des Juden rettete. Und Sultan Saladin will von Nathan wissen, was für ein Glaube, was für ein Gesetz ihm am meisten eingeleuchtet habe. Beim Erfinden eines passenden »Geschichtchens« windet Nathan sich von Erklärung zu Erklärung und schafft es am Ende, auch Saladin die Sichtweise nahezulegen, die gestellte Frage lasse sich wegen unsicherer Quellenlage eigentlich nicht wirklich beantworten. Zu guter Letzt knüpft der Autor sogar familiäre Bande zwischen seinen Figuren, trotz ihrer verschiedenen religiösen Hintergründe.

Spätestens bei der wundersamen Familienzusammenführung wird klar: Einiges knirscht in Lessings Nathan. Und gerade diese Ungereimtheiten sind spannend und eröffnen neue Perspektiven. Insbesondere, wenn sich Dariusch Yazdkhasti und Konrad Kästner, wie zuletzt bei ihrer Auseinandersetzung mit Goethes Faust 2, mit theatral-medialem Untersuchungsbesteck in die Zwischenräume des lessingschen Vorzeigetextes der Aufklärung hineinoperieren, ihn in aktuelle Bezüge stellen und mit multimedialer Wucht aus Bildern, Text, Video, Körpern, Spieler*innen und Bühnenzauber auf Herz und Nieren prüfen.

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TaM