Von Reynaldo Hahn
Libretto nach der Komödie von William Shakespeare von Miguel Zamacoïs
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Der Venezianer Bassanio rechnet sich bei der schönen, gescheiten und überdies noch reichen Portia Chancen aus. Die darf allerdings kraft väterlicher Maßgabe die Hand nur einem Bewerber reichen, der von drei Kästchen aus Gold, Silber und Blei das errät, welches Portias Bild enthält; wem das nicht gelingt, darf nie wieder heiraten. Bassanio muss als Brautwerber erstmal eine Art Teilnahmegebühr zahlen und bittet seinen Freund Antonio, ihm das nötige Geld zu leihen. Eigens deshalb borgt sich Antonio seinerseits Geld beim Juden Shylock, doch der bestimmt eine eigenwillige Form der Rückzahlung: Falls Antonio das Geld nicht zurückzahlen könne, müsse er mit einem Pfund seines körperlichen Fleisches hierfür bürgen.
Spaß oder bitterer Ernst? Shakespeares Komödie hat von jeher kontroverse Diskussionen hervorgerufen, umso spannender ist die Auseinandersetzung eines deutschstämmigen, jüdischen, hochsensiblen französischen Komponisten mit diesem Stoff: Reynaldo Hahn. Zur Welt gekommen 1874 in Caracas als Sohn einer Venezolanerin und eines Hamburger Kaufmanns und aufgewachsen in Paris, wurde er rasch zum Liebling der Salons, mehr noch: zum musikalischen Spiegel dieser Welt der Belle Epoque, der Prinzessinnen, Dandys, Dichter, Maler und Lebenskünstler. Jules Massenet verpasste ihm am Konservatorium den letzten Feinschliff, mit Marcel Proust verband ihn erst eine leidenschaftliche Affäre, dann eine lange Freundschaft. Hahn musste als Jude 1940 Paris verlassen, überstand den Krieg in Monte Carlo und wurde nach seiner Rückkehr 1945 Direktor der Pariser Oper.