Von Gaetano Donizetti
Wohl drang aus ihrem Herzen
Ein Seufzer zu mir her,
Und bei der Mädchen Scherzen
Hob ihre Brust sich schwer!
Was will mein Herz noch mehr?
Liebe, sie fühlet deine Macht,
Ja, deine Macht!
Hinge ihr Auge nur einmal
Liebend an meinem Blick;
Gäb' mir ihr Mund nur einmal
Der Liebe Wort zurück.
Ach, gäbe sie mit schmachtendem Blick
Der Liebe süss Geständnis zurück!
Mag dann der Tod mir drohn,
Ach, mir ward der schönste Lohn!
Ein armer Niemand liebt die Schönste im Dorf über alle Maßen, doch die tändelt lieber mit einem feschen Soldaten. Eifersüchtig greift der Vernachlässigte zum äußersten Mittel und will, was sein Charme nicht bewirkt, mit chemischer Hilfe erzwingen. Und siehe da, die heiß begehrte Schöne ändert Herz und Sinn und schenkt ersteres dem so unermüdlichen Bewerber.
Liebestrank hin oder her, mal Hand aufs Herz: Welche Frau wollte ernsthaft einem Tenor widerstehen, der sie mit Una furtiva lagrima umgarnt, einem der größten Ohrwürmer der Operngeschichte? Man mag es Belcanto nennen oder »Gänsehaut-Musik«, Donizettis Tonfall bringt die scheinbar so einfache Dreiecksgeschichte auf den (Höhe-)Punkt und erzählt mit Esprit und Leichtigkeit, was im richtigen Leben doch mal die eine oder andere Träne kostet.
Apropos Leichtigkeit: Auch die Entstehung der Oper ist so kurz wie aufsehenerregend. Im März 1832 bot ein Mailänder Impresario Donizetti an, für einen anderen Komponisten einzuspringen und eine neue Oper zu komponieren. Eine großartige Chance, denn Donizettis letzte Oper war unlängst mit Glanz und Gloria durchgefallen. Der Haken an der Sache: Die Premiere sollte bereits Mitte Mai sein. Selbst für den – neben Rossini – wohl produktivsten und schnellsten Opernkomponisten überhaupt war das eine gehörige Herausforderung. Das Ergebnis war ein Geniestreich: Der Liebestrank kam nicht nur pünktlich heraus, sondern zählt bis heute zu den größten Ruhmestaten seines Schöpfers.