Tamerlano

Eine spartenübergreifende Produktion von Musiktheater und TANZ Bielefeld

Ein Leben wie aus Tausendundeiner Nacht: Mit Tamerlano betrat eine der schillerndsten Gestalten der asiatischen Geschichte die Opernbühne. »Timur Lenk«, übersetzt »Timur der Lahme«, verkürzt zu »Tamerlano«, baute mit gewaltigem Eroberungsdrang und unvorstellbarer Grausamkeit ein riesiges Reich in Zentralasien auf. Es umfasste um 1400 Teile des heutigen Iraks, Irans, Aserbaidschans, Usbekistans, Armeniens, Georgiens, Syriens und der Türkei. Im Juli 1402 unterwarf er die Truppen des osmanischen Sultans Bayezid I. und nahm ihn gefangen. Auf der daraufhin entstehenden Konstellation basiert Georg Friedrich Händels Oper, die der mittlerweile in London tätige Hallenser für die Royal Academy of Music 1724 niederschrieb.

Der grimmige Tartarenfürst wurde auf der Opernbühne zum liebenden, gleichwohl machtbewussten Mann, dem Händel nicht von ungefähr die Stimme eines Countertenors zueignete. Diese Stars der damaligen Opernszene trugen entscheidend dazu bei, Begebenheiten aus einer kriegerischen und rohen Vergangenheit in ein äußerst artifizielles Kammerspiel zu übersetzen und mit dem Glamour musikalischer Virtuosität auszustatten, wie es in Tamerlano geradezu beispielhaft vorliegt: Tamerlano stellt seinem Gefangenen Bayazet (Bayezid I.) Leben und Freiheit in Aussicht, wenn dessen Tochter Asteria ihm die Hand reicht. Als Heiratsvermittler nutzt er ausgerechnet deren heimlichen Geliebten, seinen Vasallen Andronico, dem er hierfür eine verlockende Herrschaftsposition verspricht. Asteria fühlt sich verschachert, und die Lage spitzt sich zu, als Tamerlanos eigentliche Verlobte Irene erscheint … Händel zelebriert in zwingender Dramaturgie einmal mehr die Unvereinbarkeit von politischem Kalkül und intimer Gefühlssphäre, die fatale, aber äußerst bühnenwirksame Verstrickung von Liebe und Macht.

Ort: 
Stadttheater
Tamerlano - Titelseite, Libretto - Lübeck 1755